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~ Altnordische & Klassische Gedichte
& Volkslieder~
Das
Nibelungenlied
Das inhaltlich auf älteren mündlichen Traditionen beruhende 'Nibelungenlied'
wurde um oder kurz nach 1200 niedergeschrieben. Die Sprache ist
mittelhochdeutsch, ein 'Original' nicht erhalten, der Dichter unbekannt.
Auftraggeber und Mäzen des unbekannten Dichters ist wahrscheinlich Wolfger von Erla
(1191-1204 Bischof von Passau).
1. Strophe:
Uns ist in alten maeren
wunders vil geseit
von heleden lobebaeren, von grôzer arebeit,
von freuden, hôchgezîten, von weinen und von klagen
von küener recken strîten muget ir nu wunder hoeren sagen
Uns ist in alten Mären Wunders viel gesagt
von Helden, lobeshehren, von Taten, kühn gewagt,
von frohen Festlichkeiten, von Weinen und von Klagen
von kühner Recken Streiten mögt Ihr nun Wunder hören sagen.
(Übers. aus:
Deutsche Heldensagen,
Neu erzählt von Carl Peter Rauhof.)
Strophen C 1 - 11:
Uns wird in alten Geschichten an Wunderbarem viel erzählt:
Von rühmlichen Helden, von großem Leid,
von Freudentagen und Festtagen, von Schmerz und Trauer
und vom Kampf tapferer Helden könnt ihr jetzt Wunderbares erzählen hören.
Es wuchs im Land der Burgunden ein so wunderschönes, adliges Mädchen heran,
daß es nirgends in der Welt ein schöneres hätte geben können.
Kriemhild war ihr Name. Sie wurde zu einer schönen Frau.
Deshalb sollten viele Helden ihr Leben verlieren.
Sie umsorgten drei vornehme und mächtige Könige:
Gunther und Gernot, beide ruhmreiche Recken,
und der junge Giselher, ein ebenfalls hervorragender Kämpfer.
Die junge Frau war ihre Schwester. Die Helden hatten sie in ihrer Obhut.
Ihre Mutter, eine mächtige Königin, hieß Ute.
Ihr Vater, der ihnen nach seinem Tode
das gesamte Erbe hinterließ, hieß Dankrat. Er war ein tatkräftiger Mann,
der bereits in jungen Jahren höchstes Ansehen erworben hatte.
Die Herrscher, aus hochadligem Geschlecht, waren freigebig,
von ungeheurer Kampfeskraft und Tapferkeit, schlechthin herausragende Ritter.
Land der Burgunden nannte man ihr Reich.
Später vollbrachten sie im Reich Etzels unglaubliche Taten.
In Worms am Rhein befand sich ihr machtvoller Hof.
Die herrliche Ritterschaft ihres Landes diente ihnen
ehrenvoll bis zu ihrem Tod.
Sie starben später leidvoll, weil zwei Königinnen einander haßten.
Die drei Könige waren, wie ich bereits ausgeführt habe,
von größter Tapferkeit. In ihren Diensten standen zudem
die allerbesten Kämpfer, von denen man je gehört hat,
stark und äußerst mutig, selbst in den härtesten Kämpfen unerschütterlich.
Das waren: Hagen von Tronje und ebenso sein Bruder,
der gewandte Dankwart, Ortwin von Metz,
die beiden Markgrafen Gere und Eckewart
und Volker von Alzey, ein Mann voller Kampfeskraft.
Der Küchenmeister Rumold, ein herausragender Kämpfer,
Sindold und Hunold: Diese Ritter waren
als Gefolgsleute der drei Könige für die Hofhaltung und das Ansehen des Hofes verantwortlich.
In ihren Diensten standen noch viele weitere Helden, die ich aber nicht alle namentlich anführen kann.
Dankwart war Stallmeister, während sein Neffe,
Ortwin von Metz, Truchseß des Königs war.
Sindold, ein hervorragender Held, war Mundschenk,
während Hunold Kämmerer war. Sie alle verstanden sich bestens auf eine glänzende Hofführung.
Vom Ansehen dieses Hofes und von ihrer weitreichenden Macht,
von ihrer höchsten Wertschätzung und von ihrem ritterlichen Leben,
das die Fürsten Tag für Tag in Freuden führten,
davon könnte euch wirklich niemand alles erzählen.
(Übers. aus: Die Nibelungen-Handschrift C digital
- Übertragung ins Neuhochdeutsche von Lothar Voetz.)
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