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~ Asatru-Gedichte ~

Wanderer

I.
Endlich führte mich, einsamer Wanderer,
Deine Spur durch die wilden Wälder
meiner weglosen Seele, wo du entwischst,
gerade wie ich flüchtigen Blick
erhasche auf Deine hagre Gestalt,
kurz und dunkel im Dämmerlicht
auf weitem Berge, der bald Dich verbirgt,
so wie ein Schiff, das tief im Wasser liegt,
hinter der Dünung auf dem Weg des Schwans
der Sicht entschwindet in sinkender Sonne
einem, der dem Ertrinken geweiht.
Wiewohl ich Dich immer heimlich beschlich
mit von Dir geschärfter Geschicklichkeit,
bist Du, Wolf, von allen Jägern
das Herz und der Witz, gerissenste Beute,
durch harsche Länder mich voran führend,
zu eisigen Höhen von Etin-Gebirgen
mit spöttischem Lachen mich weiterlockend.
Mit Deinem mächtigen Schritt streb ich mitzuhalten,
obgleich leid-beladen, der Kraft beraubt,
ausgebrannt, gefühllos geworden
durch heftigen Sturm, der über mir dräut,
aus Leid wie Blei, Einsamkeit wie Eis,
das grimmige Geburtsrecht derer,
die von Bolverk verblendet.

Thursen wie Hagel in der Halle der Gedanken
behindern den Schritt beim qualvollen Hochgehn
der hinter Dir stetig steigenden Straße,
erregt von der Jagd, getrieben von Durst,
mit Eifer, Oski, immer Dir folgend,
auch wenn Du zu scheuen scheinst meine Beschattung.
Den Wind dingfest machen oder zu fangen
ist weniger schwierig, als Dich zu halten,
schlauer Schatten, Gestaltenwandler,
und Dich einzuholen scheint nur ein Traum.
Von so langen Jahren des Verlangens
und ermüdenden Kämpfens ermatten meine Glieder;
vom Wind eingelullt zu langem Schlafe,
sink ich zu Lager in eine Schneewehe.
Dein wölfisches Auge, Dein bitteres Lächeln,
Deine furchtbare Schönheit, die mein Herz bindet,
klar wie der Tag, doch ins Dunkel herab
meine Augen schließend mit ewigem Schlaf,
entgleite ich süß zu guter Letzt,
Dein Geschenk und mein Gehen eins:
Ich flieh meinen Körper mit Deinem Atem,
und die Klauen meiner Feinde umschließen nur Luft,
wie ins lange Dunkel ich tanz mit dem Tod.

Ich erwache umklammert von Winter-Armen,
kühl und stark wie gemeißelter Stein;
hart wie die Knochen von Hlidskjalf´s Höhen
ist die eiserne Brünne auf eisiger Brust,
auf dem mein Haupt ruht, gehalten sanft
über Deiner Herz-Truhe, von Händen, so kalt
wie der Tod; doch lieber als das Leben
Deine Nähe, Nikuth, und mehr lebendig
Deine Liebe, Herr über Geister,
als die jeden Mannes auf Mittel-Erde;
in Deiner wintrigen Brust die Wärme der Sonne,
und dies frostige Fleisch schmilzt bald dahin
in Deinem Feuer wie Nebel am Morgen.

II.
Deine Tricks führten viele Frauen schon
in Deine Arme; doch nicht nötig war´s,
um mein Herz schlaue Knoten zu schlingen,
denn Deine Kapuze verbirgt vor mir nicht
Deiner Seele Wahrheit, den meisten verborgen,
o wundersamer Schaffer von Welten,
der schreckliche Taten wagte für Wohlergehn,
der Schmerzen erlitt, um Runen zu sehen,
Erringer des Mets, Teiler von Schätzen,
würdigen Wesen Weisheit schenkend,
dessen Werke schlimmes Schicksal fernhalten;
Erster der Helden, Vater von allen,
ich seh´, wer Du bist, und stehe voll Ehrfurcht,
für immer gebunden durch der Liebe Fessel.

In Liebe nur, keinen Eid bietend,
meine Treue nicht bindend durch ein Versprechen,
doch beim rasenden Hroptr, den rechtens man fürchtet,
sichren Hafen findend vor aller Gefahr,
wo die Seele verschmilzt mit dem Geber von Seelen,
wo Erwachen zu Bewußtheit wird,
Anfang, Svafnir, in Deinem Lied des Endens,
im bitteren Todeskuß Atem des Lebens,
in Nikuths Fessel nötige Freiheit,
finde ich, herdlos, Heimstatt in Dir.

Nicht länger allein, und nicht mehr zurückbleibend,
schnellster Gott auf steilen Wegen,
erheb ich mich mit Dir in Rabengestalt,
um hoch in der Halle der Sonne zu spielen,
von Deinem Feuer trunken, das Flammen von Versen
wie Runen mir sengt in mein Skaldenherz,
meinen Geist schwindlig machend mit taumelndem Wahnsinn,
meine Zunge lehrend der Wahrheit Lied.

III.
Meine Augen öffnen sich, Dämmrung bricht an:
Ich überlebte die Nacht;
neue Morgenröte und warmes Licht wächst:
Ein wetterfester Mantel umwickelt mich,
wider den Frost brennt ein kräftiges Feuer,
eine Rehkeule röstet darüber,
auf einem Steinhaufen steht ein Horn voll Met,
Deine Geschenke, Grimnir, alles
was im nahende Dunkel der Niederung
verhindert, zu erfrieren im Schlaf.
Wod, Du gibst Lohn Deiner Verstoßenen,
seltsame Gaben der grimmigen Seele,
in der Du verwandten Wahnsinn entzündest
oder unerwartete Seligkeit,
meine Gestalt unterstützend, wenn ich
in Trance benommen schwanke und stolpre,
von Odhroerir übermannt.
Weiter wandernd, entfernt im Wald,
drehst Du Dich um uns siehst mein Verlangen;
ein schmerzender Hunger – von Essen nicht,
nur von Dir, Sath, jemals gestillt.
In der Höhe erklingt Dein Lachen:
Aufgescheucht krächzen Raben, auf Bäumen
sich über Dir drängend, dort wo Du wanderst,
Hoffnung, die mich beherzt macht,
Traum, der mich antreibt,
jene leidvolle Straße zu gehen,
die der steilste, direkte Weg ist zu Asgard,
gegen furchtbare Feinde immer mich stemmend,
und mein Helden-Herz geheiligt;
denn keine Schlacke wagt zu bleiben
in der Schmiede, heiß wie die Sonne,
wo Sigtyr seine Schwert-Kinder schmiedet.
Von dort erhebt sich meine Seele,
ehrfurchtsvoll, frei,
zu der leuchtenden Klamm, der Heimstatt Hárs,
eine Waffe, bereit für rechten Gebrauch.

Original: "Wanderer", © Ódinðís 1999
© Übersetzung: Michaela Macha 2007

Wodensharrow - Gedichte & Bilder über Odin und Runen.

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