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Die Lieder-Edda Online ~
In der Übersetzung von Karl Simrock
Sinfiötlis Ende
Sigmund, Wölsungs Sohn, war König in Frankenland. Sinfiötli war der älteste
seiner Söhne, der andere Helgi, der dritte Hamund. Borghild, Sigmunds Frau,
hätte einen Bruder, der Gunnar hieß. Aber Sinfiötli, ihr Stiefsohn, und Gunnar
freiten beide um ein Weib und deshalb erschlug ihn Sinfiötli. Und als er
heimkam, da hieß ihn Borghild fortgehen; aber Sigmund bot ihr Geldbuße und das
nahm sie an. Aber beim Leichenschmaus trug Borghild Bier umher; sie nahm Gift,
ein großes Horn voll, und brachte es dem Sinfiötli. Und als er in das Horn sah,
bemerkte er, daß Gift darin war, und sprach zu Sigmund: Der Trank ist giftig.
Sigmund nahm das Horn und trank es aus. Es wird gesagt, daß Sigmund so hart war,
daß kein Gift ihm schaden mochte weder außen noch innen; aber alle seine Söhne
mochten Gift nur auswendig auf der Haut leiden.
Borghild brachte dem Sinfiötli ein anderes Horn und hieß ihn trinken und da
geschah wieder wie zuvor. Und zum drittenmal brachte sie ihm das Horn und
diesmal mit Drohworten, wenn er nicht tränke. Er sprach aber wie zuvor zu
Sigmund; da sagte der: laß es durch den Schnurrbart seihen, Sohn. Sinfiötli
trank und war alsbald tot. Sigmund trug ihn weite Wege in seinen Armen und kam
da zu einer langen schmalen Furt: da war ein kleines Schiff und ein Mann darin.
Der bot dem Sigmund die Fahrt an über die Furt. Als aber Sigmund die Leiche in
das Schiff trug, da war das Boot geladen. Der Mann sprach zu Sigmund, er solle
vorangehen durch die Furt. Da stieß der Mann ab mit dem Schiffe und verschwand
alsbald.
König Sigmund hatte sich lange in Dänemark aufgehalten, im Reiche Borghildens,
und sie hernach geheiratet. Darauf fuhr Sigmund südwärts nach Frankenland in das
Reich, das er da hatte. Da nahm er zur Ehe Hiördis, König Eilimis Tochter: ihr
beider Sohn war Sigurd. König Sigmund fiel im Kampf vor Hundings Söhnen, und
Hiördis vermählte sich da dem Alf, König Hiapreks Sohne. Sigurd wuchs da auf in
der Kindheit. Sigmund und alle seine Söhne waren weit über alle andere Männer an
Stärke, Wuchs, Sinn und jeglicher Tüchtigkeit. Aber der allervorderste war
Sigurd und ihn nennt man überall in alten Sagen allen Männern voran als den
gewaltigsten der Heerkönige.
Die
Edda (Codex Regius), 1851 durch
Karl Simrock übersetzt.
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