Home Gedichte: Von mir Gedichte: Von Euch Gedichte: Klassisch Gedichte: Internat. Asatru-Liederbuch Musik & CDs Asatru & Tanz Geschichten Stabreim Lieder-Edda Online Snorra-Edda Online Links zur Dichtkunst Tips zum Schreiben Über "Skaldenmet" Gedicht einsenden Email Gästebuch Das Neueste
| |
~
Die Prosa-Edda Online ~
In der Übersetzung von Karl Simrock
Gylfaginning - Gylfis Visionen
21. Da fragte Gangleri: Wie heißen die Namen der anderen Asen? Und was haben sie
Großes angerichtet? Har antwortete: Thor ist der vornehmste von ihnen. Er heißt
Asathor oder Ökuthor, und ist der stärkste aller Götter und Menschen. Ihm gehört
das Reich, das Thrudwang genannt wird, aber sein Palast heißt Bilskirnir. Dieser
Palast hat fünfhundertundvierzig Gemächer und ist das größte Gebäude, das je
gemacht worden ist. So heißt es in Grimnismal:
Fünfhundert Gemächer und viermal zehn
Weiß ich in Bilskirnirs Bau.
Von allen Häusern, die Dächer haben,
Glaub ich meines Sohns das größte.
Thor hat zwei Böcke, sie heißen Tanngniost und Tanngrisnir (Zahnknistrer und
Zahnknirscher) und einen Wagen, worin er fährt. Die Böcke ziehen den Wagen:
darum heißt er Ökuthor. Er hat auch drei Kleinode: den Hammer Mjölnir, den
Hrimthursen und Bergriesen kennen, wenn er geschwungen wird; was nicht zu
verwundern ist, denn er hat ihren Vätern und Freunden manchen Kopf damit
zerschlagen. Sein anderes Kleinod ist der Kraftgürtel, Megingiardar genannt:
wenn er den um sich spannt, so wächst ihm die Asenkraft noch um die Hälfte. Noch
ein drittes Ding hat er, in dem großer Wert liegt, das sind seine
Eisenhandschuhe: die kann er nicht missen, um den Schaft des Hammers zu fassen.
Und niemand ist so klug, daß er alle seine Großtaten zu erzählen wüßte. Ich
könnte so manche Nachricht von ihm berichten, daß der Tag vergehen würde, ehe
alles gesagt wäre, was ich weiß.
22. Da sprach Gangleri: Ich möchte auch von den anderen Asen Kunde hören. Har
sprach: Odins anderer Sohn ist Baldur. Von ihm ist nur Gutes zu sagen: es ist
der beste und wird von allen gelobt. Er ist so schön von Antlitz und so
glänzend, daß ein Schein von ihm ausgeht. Ein Kraut ist so licht, daß es mit
Baldurs Augenbrauen verglichen wird, es ist das lichteste aller Kräuter: davon
magst du auf die Schönheit seines Haars sowohl als seines Leibes schließen. Er
ist der weiseste, beredteste und mildeste von allen Asen. Er hat die
Eigenschaft, daß niemand seine Urteile schelten kann. Er bewohnt im Himmel die
Stätte, welche Breidablick heißt. Da wird nichts Unreines geduldet, wie hier
gesagt wird:
Die siebente ist Breidablick, da hat Baldur sich
Die Halle erhöht
In jener Gegend, wo ich der Greuel
Die wenigsten lauschen weiß.
23. Der dritte Ase ist Niörd genannt, er bewohnt im Himmel die Stätte, welche
Noatun heißt. Er beherrscht den Gang des Windes und stillt Meer und Feuer; ihn
ruft man zur See und bei der Fischerei an. Er ist so reich und vermögend, daß er
allen, welche ihn darum anrufen. Gut, liegendes sowohl als fahrendes, gewähren
mag. Er wurde in Wanaheim erzogen, und die Wanen gaben ihn den Göttern zum
Geisel und nahmen dafür von den Asen zum Geisel den Hönir: so verglichen sich
durch ihn die Götter mit den Wanen. Niörds Frau heißt Skadi und ist die Tochter
des Riesen Thiassi. Skadi wollte wohnen, wo ihr Vater gewohnt hatte, nämlich auf
den Felsen in Thrymheim: aber Niörd wollte sich bei der See aufhalten. Da
verglichen sie sich dahin, daß sie neun Nächte in Thrymheim und dann andere neun
(drei) in Noatun sein wollten. Aber da Niörd von den Bergen nach Noatun zurück
kam, sang er:
Leid sind mir die Berge; nicht lange war ich dort,
Nur neun Nächte.
Der Wölfe Heulen dauchte mich widrig
Gegen der Schwäne Singen.
Aber Skadi sang:
Nicht schlafen könnt ich am Ufer der See
Vor der Vögel Lärm;
Da weckte mich vom Wasser kommend
Jeden Morgen die Möwe.
Da zog Skadi nach den Bergen und wohnte in Thrymheim. Da jagt sie oft auf
Schneeschuhen mit ihrem Bogen nach Tieren. Sie heißt Schneeschuhgöttin oder
Öndurdis. Von ihr heißt es:
Thrymheim heißt die sechste, wo Thiassi hauste,
Jener mächtige Jote;
Nun bewohnt Skadi, die scheue Götterbraut,
Des Vaters alte Veste.
24. Niörd in Noatun zeugte seitdem zwei Kinder. Der Sohn hieß Freyr und die
Tochter Freyja. Sie waren schön von Antlitz und mächtig. Freyr ist der
trefflichste unter den Asen. Er herrscht über Regen und Sonnenschein und das
Wachstum der Erde und ihn soll man anrufen um Fruchtbarkeit und Frieden. Freyja
ist die herrlichste der Asinnen. Sie hat die Wohnung im Himmel, die Folkwang
heißt, und wenn sie zum Kampf zieht, gehört die Hälfte der Gefallenen ihr und
die Hälfte Odin, wie hier gesagt ist:
Folkwang ist die neunte: da hat Freyja Gewalt
Die Sitze zu ordnen im Saal.
Der Walstatt Hälfte hat sie täglich zu wählen;
Odin hat die andre Hälfte.
Ihr Saal Sesrumnir ist groß und schön. Wenn sie ausfährt, sind zwei Katzen vor
ihren Wagen gespannt. Sie ist denen gewogen, welche sie anrufen, und von ihr hat
der Ehrenname den Ursprung, daß man vornehme Weiber Frauen (Frovor) nennt. Sie
liebt den Minnesang und es ist gut, sie in Liebessachen anzurufen.
25. Da sprach Gangleri: Groß scheint mir die Macht dieser Asen und nicht zu
verwundern ist es, daß so viel Gewalt euch innewohnt, da ihr so gute Kunde habt
von den Göttern und wißt, wen von ihnen man in jedem Falle anzurufen hat. Sind
aber nicht noch mehr Götter? Har versetzte: Da ist noch ein Ase, der Tyr heißt.
Er ist sehr kühn und mutig und herrscht über den Sieg im Krieg: darum ist es
gut, daß Kriegsmänner ihn anrufen. Wer kühner ist als andere und vor nichts sich
scheut, von dem sagt man sprichwörtlich, er sei tapfer wie Tyr. Er ist auch so
weise, daß man von Klugen sagt, sie seien weise wie Tyr. Ein Beweis seiner
Kühnheit ist dies: Als die Asen den Fenriswolf u berredeten, sich mit dem Bande
Gleipnir binden zu lassen, traute er ihnen nicht, daß sie ihn wieder lösen
würden, bis sie zum Unterpfand Tyrs Hand in seinen Mund legten. Und als die Asen
ihn nicht wieder lösen wollten, biß er ihm die Hand an der Stelle ab, die nun
Wolfsglied heißt. Seitdem ist Tyr einhändig, gilt aber den Menschen nicht für
einen Friedensstifter.
26. Ein anderer Ase heißt Bragi. Er ist berühmt durch Beredsamkeit und
Wortfertigkeit und sehr geschickt in der Skaldenkunst, die nach ihm Bragur
genannt wird, so wie auch diejenigen nach seinem Namen Bragurleute heißen, die
redefertiger sind als andere Männer und Frauen. Seine Frau heißt Idun: sie
verwahrt in einem Gefäß die Apfel, welche die Götter genießen sollen, wenn sie
altern; denn sie werden alle jung davon, und das mag währen bis zur
Götterdämmerung. Da sprach Gangleri: Mich dünkt, die Götter haben der Treue und
Sorgsamkeit Iduns große Dinge anvertraut. Da sprach Har und lächelte: Beinahe
wäre es einstmals schlimm damit ergangen: ich könnte dir davon wohl erzählen;
aber du sollst erst die Namen der anderen Asen hören.
27. Heimdall heißt einer, der auch der weiße Ase genannt wird. Er ist groß und
hehr und von neun Mädchen, die Schwestern waren, geboren. Er heißt auch
Hallinskidi und Gullintanni, weil seine Zähne von Gold sind. Sein Pferd heißt
Gulltopp. Er wohnt auf Himinbiörg bei Bifröst. Er ist der Wächter der Götter und
wohnt dort an des Himmels Ende, um die Brücke vor den Bergriesen zu bewahren. Er
bedarf weniger Schlaf als ein Vogel und sieht sowohl bei Nacht als bei Tag
hundert Tagreisen weit; er hört auch das Gras in der Erde und die Wolle auf den
Schafen wachsen, mithin auch alles, was einen stärkern Laut gibt. Er hat eine
Trompete, die Giallarhorn heißt, und bläst er hinein, so wird es in allen Welten
gehört. Heimdalls Schwert heißt Haupt. Von ihm heißt es:
Himinbiörg ist die achte, wo Heimdall soll
Der Weihestatt walten.
Der Götterwächter schlürft in schöner Wohnung
Selig den süßen Met.
Auch sagt er selbst in Heimdalls Gesang:
Ich bin neun Mütter Sohn und von neun
Schwestern geboren.
28. Hödur heißt einer der Asen. Er ist blind, aber sehr stark, und die Götter
möchten wohl wünschen, daß sie seinen Namen nicht nennen durften, denn nur allzu
lange wird seiner Hände Werk Göttern und Menschen im Gedächtnis bleiben.
29. Widar heißt einer, der auch der schweigende Ase genannt wird. Er hat einen
dicken Schuh, und ist der stärkste nach Thor. Auf ihn vertrauen die Götter in
allen Gefahren.
30. Ali oder Wali heißt einer der Asen, Odins Sohn und der Rinda. Er ist kühn in
der Schlacht und ein guter Schütze.
31. Uller heißt ein Ase, Sohn der Sif und Thors Stiefsohn. Er ist ein so guter
Bogenschütze und Schneeschuhläufer, daß niemand sich mit ihm messen kann. Er ist
schön von Angesicht und kriegerisch von Gestalt. Bei Zweikämpfen soll man ihn
anrufen.
32. Forseti heißt der Sohn Baldurs und der Nanna, der Tochter Neps. Er hat im
Himmel den Saal, der Glitnir heißt, und alle, die sich in Rechtsstreitigkeiten
an ihn wenden, gehen verglichen nach Hause. Das ist der beste Richterstuhl für
Götter und Menschen. Es heißt von ihm:
Glitnir ist die zehnte: auf goldnen Säulen ruht
Des Saales Silberdach.
Da thront Forseti den langen Tag
Und schlichtet allen Streit.
33. Noch zählt man einen zu den Asen, den einige den Verlästerer der Götter, den
Anstifter alles Betrugs, und die Schande der Götter und Menschen nennen. Sein
Name ist Loki oder Loptr, und sein Vater der Riese Farbauti; seine Mutter heißt
Laufey oder Nai; seine Bru der sind Bileist und Helblindi. Loki ist schmuck und
schön von Gestalt, aber böse von Gemüt und sehr unbeständig. Er übertrifft alle
anderen in Schlauheit und jeder Art von Betrug. Er brachte die Asen in manche
Verlegenheit; doch half er ihnen oft auch durch seine Klugheit wieder heraus.
Seine Frau heißt Sigyn, und deren Sohn Nari oder Narwi.
Die Snorra-/Jüngere
Edda, 1851 durch
Karl Simrock übersetzt.
[ Home ] [ Nach oben ]
|