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Die Prosa-Edda Online ~
In der Übersetzung von Karl Simrock
Skaldskäparmal
59. Thors und
Hrungnirs Kampf
Thor war nach Osten gezogen, Unholde zu töten. Odin ritt auf Sieipnir gen
Jötunheim und kam zu dem Riesen, der Hrungnir hieß. Da fragte Hrungnir, welchen
Mann er da sehe mit dem Goldhelm, der Luft und Wasser reite? Er sagte auch, er
reite ein sehr gutes Roß. Da sagte Odin, er wolle sein Haupt verwetten, daß kein
so gutes Roß in Jötunheim sei. Hrungnir sagte, jenes Roß möge gut sein; aber
sein eigenes Roß, das Gullfaxi heiße, mache viel weitere Sprünge. Hrungnir wurde
zornig, sprang auf sein Roß und setzte Odin nach und gedachte, ihm seine
Prahlerei zu lohnen. Odin ritt so schnell, daß er eine gute Strecke voraus war;
aber Hrungnir war in so großem Jotenzorn, daß er nicht merkte, als er schon
innerhalb der Asenmauer war. Als er nun an das Tor der Halle kam, luden ihn die
Asen zum Trinkgelage. Er trat in die Halle und begehrte einen Trunk. Sie nahmen
die beiden Schalen, aus welchen Thor zu trinken pflegte, und Hrungnir leerte sie
beide. Und als er trunken wurde, ließ er das Großsprechen nicht; er sagte, er
wolle Walhall nehmen und nach Jötunheim bringen, Asgard versenken und alle
Götter töten außer Preyja und Sif, die wolle er mit sich heimführen. Als Freyja
ihm darauf einschenkte, drohte er, den Asen all ihr Ael auszu trinken. Als aber
die Asen sein Großsprechen verdroß, nannten sie Thors Namen: alsbald kam Thor in
die Halle und schwang den Hammer und fragte zornig, wer schuld sei, daß
hundweise Jötune da trinken dürften, oder dem Hrungnir erlaubt habe, in Walhall
zu sein.und warum ihm Freyja einschenke wie bei den Gelagen der Asen? Da
antwortete Hrungnir und sagte, indem er mit unfreund lichen Augen auf Thor
blickte, Odin habe ihn zum Trinkgelage gebeten und er sei in dessen Frieden. Da
sagte Thor, der Einladung solle den Hrungnir gereuen, ehe er hinauskomme.
Hrungnir entgegnete, Asathor werde wenig Ehre davon haben, wenn er ihn unbe
waffnet töte; mehr Mut verrate er, wenn er es wage, an der Ländergrenze bei
Griotunagardar mit ihm zu kämpfen. Es war große Un klugheit, sagte er, daß ich
Schild und Schleifstein daheim ließ. Wenn ich meine Waffen hier hätte, wollten
wir gleich einen Holmgang versuchen; da dies aber nicht der Fall ist, so
beschuldige ich dich eines Neidingswerks, so du mich wehrlos töten willst. Thor
wollte sich der Annahme des Zweikampfes keineswegs entziehen, da er dazu
aufgefordert wurde, was ihm nie zuvor begegnet war.
Da fuhr Hrungnir seines Weges und sputete sich aus aller Macht bis er gen
Jötunheim kam. Da machte seine Fahrt großes Aufsehen bei den Jötunen, ebenso,
daß es zwischen ihm und Thor zur Verabre dung des Zweikampfs gekommen war. Die
Jötune hielten es für überaus wichtig, wer den Sieg erhielte, denn sie
fürchteten das Schlimmste von Thor, wenn Hrungnir bliebe, denn er war der
Stärkste unter ihnen. Da machten sie auf Griotunagardar einen Mann von Lehm, der
neun Rasten hoch war und drei breit unter den Armen. Sie fanden aber kein Herz,
das so groß war, als sich für ihn ziemte, bis sie das einer Stute nahmen,
welches sich ihm jedoch nicht haltbar erwies, als Thor kam. Hrungnir selbst
hatte bekanntlich ein Herz von hartem Stein, scharfkantig und dreiseitig, wie
man seitdem das Runenzeichen zu schneiden pflegt, das man Hrungnirs Herz nennt.
Auch sein Haupt war von Stein, von Stein auch sein breiter, dicker Schild, und
diesen Schild hielt er vor sich, als er auf Griotuna gardar stand und Thors
wartete. Seine Waffe war ein Schleifstein, den er über die Achsel nahm, und
nicht mild war er anzuschauen. Ihm zur Seite stand der Lehmriese, der Möckrkalfi
hieß. Er war aber sehr furchtsam, und man sagt, daß er Wasser ließ, als er Thor
sah. Thor fuhr zum Holmgang und mit ihm Thialfi. Da lief Thialfi voraus, dahin,
wo Hrungnir stand, und sprach zu ihm: Du stehst übel behütet, Jötun: zwar hast
du den Schild vor dir; aber Thor hat dich gesehen, er fährt niederhalb in die
Erde und wird von unten an dich kommen. Darauf warf sich Hrungnir den Schild
unter die Füße und stand darauf; die Steinwaffe aber faßte er mit beiden Händen.
Darauf vernahm er Blitze und hörte starke Donnerschläge und sah nun Thor im
Asenzorn, der gewaltig heranfuhr, den Hammer schwang und ihn aus der Ferne nach
Hrungnir warf. Hrungnir hob die Steinwaffe mit beiden Händen und hielt sie
entgegen: da traf sie der Hammer im Fluge und der Schleifstein brach entzwei:
der eine Teil fiel zur Erde, und davon sind alle Wetzsteinfelsen gekommen; der
andere fuhr in Thors Haupt, so daß er vor sich auf die Erde stürzte. Der Hammer
Miölnir aber traf den Hrungnir mitten auf das Haupt und zerschmetterte ihm den
Schädel in kleine Stücke. Er selbst fiel vorwärts über Thor, so daß sein Fuß auf
Thors Hals lag. Thialfi aber griff Möckrkalfi an, der mit geringem Ruhm fiel.
Darauf ging Thialfi zu Thor und wollte Hrungnirs Fuß von ihm nehmen, hatte aber
nicht die Macht dazu. Da gingen die Asen alle hinzu, als sie von Thors Fall
hörten, und wollten den Fuß von ihm nehmen, brachten es aber auch nicht zuwege.
Da kam Magni herbei, der Sohn Thors und Jarnsaxas, der erst drei Winter alt war,
der warf Hrung nirs Fuß von Thor und sprach: Schmach und Schande, Vater! daß ich
so spät kam. Ich glaube, ich hätte diesen Riesen mit der Faust zur Hel gesandt,
war ich mit ihm zusammengetroffen. Da stand Thor auf und empfing seinen Sohn
wohl und sagte, er würde ein tüchtiger Mann werden; auch will ich dir, sagte er,
das Roß Gullfaxi geben, das Hrungnir besaß. Da hub Odin an und sagte, Thor habe
übel getan, daß er dies gute Pferd dem Sohne einer Riesenfrau gegeben habe, und
nicht seinem Vater. Da fuhr Thor heim gen Thrudwang, und der Schleifstein stak
in seinem Haupt. Da kam die Wala hinzu, die Groa hieß, die Frau Oerwandils des
Kecken; die sang ihre Zauberlie der über Thor bis der Schleifstein los ward. Als
Thor dies merkte und Hoffnung schöpfte, von dem Schleifstein erledigt zu werden,
wollte er der Groa die Heilung lohnen und sie froh machen. Da sagte er ihr, daß
er von Norden her über die Eliwagar gewatet sei und im Korb auf seinem Rücken
den Oerwandil aus Jötunheim getragen habe. Und zum Wahrzeichen gab er an, daß
ihm eine Zehe aus dem Korb vorgestanden und erfroren sei: die habe Thor
abgebrochen, hinauf an den Himmel geworfen und den Stern daraus gemacht, der
Oerwandils Zehe heißt. Noch sagte Thor, es werde nicht lange mehr anstehen bis
Oerwandil heimkomme. Darüber wurde Groa so erfreut, daß sie ihrer Zauberlieder
vergaß, und so wurde der Schleif stein nicht loser und steckt noch in Thors
Haupt. Darum ist es auch eines jeden Pflicht, solche Steine wegzuwerfen, denn
damit rührt sich der Stein in Thors Haupt.
Die Snorra-/Jüngere
Edda, 1851 durch
Karl Simrock übersetzt.
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