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~ Asatru-Gedichte von mir ~

Ihre Stimme

"Sing uns ein Lied!" rief die Kriegerschar,
bevor das Kämpfen begann.
Der Skalde rührte die Saiten und sang
von den alten Helden dem Klan.

Wie Funken vom Feuer auf seiner Leier
ihr Mut ward zur Flamme entfacht;
es klang seine Harfe so klar und scharf
wie die Klingen am Morgen der Schlacht;

Und singend zogen sie gegen den Feind,
zum Rhythmus von Schwert und Schlag,
zum Rhythmus vom donnernden Schlachtgedröhn,
bis das Gegnerheer unterlag;

Und sie riefen dem Skalden, noch als der Feind flieht:
"Ein Lied, noch ein Lied!"

In der Halle, gebaut auf gewonnenem Land
sang er fröhliche Weisen am Herd;
mit Weisheit und Witz verwandte er Worte
so wendig wie vorher sein Schwert.

Nicht des Schlachtfelds Beute ernährte sie nun,
ihr Reichtum warn Felder voll Korn,
zum Feiern und Trinken hoben sie
und nicht für Signale das Horn.

Die Stimme des Skalden war samtig wie Met;
die Mädchen lächelten warm
als er sang über Locken, wie Gerste so gelb
oder Gold an des Ring-Gebers Arm.

Und beim Fest sie verlangten, sowie man ihn sieht:
"Ein Lied, noch ein Lied!"

Die Jungen durchstreiften die weite See,
auf der Suche nach Glück fuhrn sie aus;
ihre Segel zerstreute wie Blätter der Wind
und pfiff um die Giebel zuhaus.

Einen Teppich der Skalde oft breitete aus
geknüpft aus Erinnerungsfaden;
wie Trauben für Wein las er alten Ruhm
aus ihren vergangenen Taten.

Die alten Kämpfer warn plötzlich unruhig,
und blickten zum Schwert an der Wand;
doch die Frauen seufzten, und schauten gen West:
mancher Sohn fuhr dorthin und verschwand.

Und doch baten sie, wenn der Abend sich zieht:
"Noch ein Lied, ein Lied."

Wie Gezeiten vergingen die Jahre; ein Tag
im Winter schien kalt auf die See;
das Haar der Leute war schütter und grau,
das des Skalden war weiß wie der Schnee.

Er sang von denen, die nicht mehr kamen,
verloren an Meer oder Grab;
gesegelt warn sie an fernen Strand,
den ein fremdes Gewässer umgab.

Seine Stimme war rauh, und es glänzte sein Aug;
vielleicht war´s vom Rauch oder Feuer;
doch als der Alte zu Ende gespielt,
zersprang eine Saite der Leier -

und er sprach in dem Schweigen, das zu lang sich zieht:
"Kein Lied mehr, kein Lied."

© 2005 Michaela Macha

- Ihr dürft meine Gedichte gerne privat ausdrucken und verwenden. Falls Ihr etwas weiter verbreiten wollt (posten, drucken etc.) geht das i.d.R. in Ordnung, aber bitte fragt mich vorher. Danke! - 

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